“Erstens kommt alles anders, zweitens als man denkt” – so oder so ähnlich kann man die Entstehung dieses Lautsprechers beschreiben.
Noch bevor ich überhaupt meine erste akustische Messung durchgeführt hatte, habe ich je ein Pärchen Monacor DT-140 und Tang Band W5-704D von meinem Freund und D.A.U.-Kollegen Gazza abgekauft. Die Idee war, dass daraus mein erster selbst entwickelter Lautsprecher entstehen würde. Wie wahrscheinlich jeder, der Lautsprecher entwickeln möchte, habe ich mir zu der Zeit vieles, was irgendwo günstig zu bekommen war, auf Lager gelegt. Man könnte ja ein Schnäppchen verpassen 😉 Dann kam dann meine Schwägerin auf mich zu, ob ich ihr denn nicht eventuell kleine, kompakte Lautsprecher bauen könnte, um ihre “schwarzen Klötze” (Yamaha NS-G100) abzulösen. Einfach sollten sie aussehen, also ohne “Schnick-Schnack” wie Fasen. Lange Rede, kurzer Sinn: damals entstand dann die Juna.
Warum für dieses Projekt weder die DT-140, noch der Tang Band W5-704D zum Einsatz kamen, ist in einem Satz schnell erklärt. Die DT-140 läuft ohne Fasen nicht ordentlich und der W5-704D weist folgende TSP auf:
“Kompakt” ist damit nicht möglich. Dieser kleine 5-Zöller benötigt 29 Liter Volumen, um eine vernünftige Performance abzuliefern. Das war mir ehrlich gesagt ein bisschen viel, für einen 5-Zöller. Es gab auch irgendwie nie einen Grund, was damit zu entwickeln. Entsprechend wurde das flammneue Pärchen von Ecke zu Ecke geschoben und geriet schon fast in Vergessenheit.
Vor kurzem wurde ich auf ein Angebot von Oaudio aufmerksam gemacht: der Shop bietet die Tang Band Tiefmitteltöner aktuell zu einem unschlagbaren Preis von gerade einmal 25€ das Stück an (Stand 11.12.2021). Das ist die Hälfte von dem, für das diese wirklich einwandfrei verarbeiteten Chassis sonst überall angeboten werden. Nicht, dass diese 5-Zöller keine 50€ wert wären – im Gegenteil! Angesichts der Qualität des Chassis aus Taiwan darf das Angebot als sehr gutes Schnäppchen bezeichnet werden, was für mich dann doch Grund genug war, nochmals über eine Entwicklung damit nachzudenken.
Also habe ich AJHorn nochmal angeworfen, um zu verifizieren, was ich damals simuliert hatte:
Gibt man dem kleinen Taiwanesen die von ihm verlangten 29 Liter für eine “max flat”-Abstimmung, schafft er eine untere Grenzfrequenz von knapp unter 40 Hz.
Wie auch bei den letzten Entwicklungen habe ich zunächst Fusion 360 angeworfen um zu sehen, wie ein passendes Gehäuse aussehen könnte. Da ich wusste, dass die Hochtonkalotte ohne Fasen nicht ordentlich läuft, wurde das Gehäuse von Anfang an mit eben solchen geplant.
Mit dem aus Fusion 360 heraus erstellen Plan ging es dann mal wieder in die Werkstatt, um ein Testgehäuse aufzubauen. Nach dem Einbau der Chassis, ging es ans Messen.
Die DT-140 verhält sich auf der Schallwand mit den breiten Fasen wie folgt:
Bis auf die Kerbe bei 8,5 kHz, die sich unter Winkeln jedoch komplett egalisiert, ist das ohne große Auffälligkeiten. Auch der W5-704D verhält sich gutmütig und ohne irgendwelche Probleme, wie die folgende Messung zeigt:
Durch seine Linearität auch zu hohen Frequenzen hin und ohne fiese Resonanzspitzen, hat man hier ein bisschen Spielraum was die Trennfrequenz angeht. Lediglich der Baffle Step muss behandelt werden.
Dadurch, dass sich beide Treiber so gutmütig verhalten, war eine passende Abstimmung recht schnell gefunden. Die Simulation in VituixCAD stellte folgendes Ergebnis in Aussicht:
Die simulierte Weiche wurde aufgebaut und einem Hörtest unterzogen. Anschließend wurde wie immer eine abschließende Messung der Gesamtbox angefertigt:
Sofern die zugrundeliegenden Messungen sauber sind, stimmt die Simulation auch mit der Realität überein, wie man an diesem Beispiel wieder einmal sieht. Wie die Messung der Einzelzweige zeigt, addieren sich die Schallanteile der beiden Chassis bei ca. 3,6 kHz in Perfektion, was von einer idealen Phasenlage zeugt. Das Impedanzminimum liegt bei ca. 13,7 kHz bei 3,85 Ohm.
Die finale Weiche sieht folgendermaßen aus:
Beide Treiber kommen mit einem 12 dB Filter aus. Der Hochtöner benötigt einen kleinen Sauger, um den Buckel zwischen 5,5 und 7 kHz einzuebnen. Beim Tiefmitteltöner wird der Baffle Step ebenfalls mit einem Sauger behandelt und zusätzlich wird die Flanke mit einer Impedanzlinearisierung sauber modelliert.
Wie immer wurde der Kondensator im Hochpass als Folie ausgeführt, alle anderen Kondensatoren sind bipolare Elkos. Als Widerstände kommen im Hochtonzweig MOX Widerstände zum Einsatz, im Tiefmitteltonzweig sind es 10W Keramiktypen. Im Warenkorb befinden sich anstelle der 0,068 mH Spulen welche mit 0,08 mH Induktivität. Von diesen sind 5 Windungen abzuwickeln, um auf die im Weichenplan angegebene Induktivität zu kommen. Die Enden müssen dann mit etwas Schmirgelpapier vom Backlack befreit werden, damit sie sich verlöten lassen.
Zum Abschluss noch der Bau- und Bedämpfungsplan:
Alle Weichen- und Baupläne sind ausschließlich für die private Nutzung freigegeben. Jede Form der gewerblichen Nutzung oder Verbreitung bedarf einer vorherigen Absprache und wird bei Missachtung strafrechtlich verfolgt.